Wieder könnte ich Geschichten erzählen, lange Mären von Winterabenden, wie Spieler und Spielleiter sich gegenseitig die Zornesröte in ihr Anlitz treiben, bis der Schweiß der bitteren Ärgernis ihre Sicht und ihren Sachverstand blendet. Doch, statt dessen, wurde meine Zeit von der Lektüre von Briefen von treuen Lesern in Anspruch genommen. Es türmten sich Briefe mit Fragen über Fragen auf meinem Schreibtisch. Mannigfaltige Post von Verzweifelten. Diesmal möchte ich mich der armen Spielerseelen annehmen, nachdem die Spielleiter noch immer mithilfe der letzten Kolumne in ihren frankensteinschen Gewölben herumlungern, um die dargebotenen Möglichkeiten in abscheuliche Taten umzusetzen. Hier einige Auszüge der Korrespondenz:
Ich habe ein Problem. Mein Spielleiter verlangte kürzlich unsere Charakterbögen, er wollte einige Daten nachschauen. Und da ... schluchz ... hat er es gemerkt: ich habe gar keinen. Er schrie rum, von wegen seit 2 Jahren spiel´ ich mit, alle anderen hätten einen und so weiter. Jetzt meine Frage: stimmt das?
Lieber Markus, ich muß dir mitteilen, auch wenn meine Zunge sich vor Widerwillen in gordischen Knoten windet, er hat Recht. Alle anderen haben einen. Aber ich finde deinen Individualismus echt herzerfrischend. Bleib hart! Solange du eine Vorstellung von deinem Charakter hast, reicht das doch. Fülle keinen Bogen aus, drohe mit deinem Ausscheiden aus der Runde, das wirkt immer. Wird der Spielleiter fordender, schick´ ihm ein paar Schläger auf den Hals.
Ich habe Krach mit meinem Spielleiter. Wir sind 6 Spieler, einer davon meine beste Freundin Monika. Naja, wenn grad mal nichts los ist, unterhalten wir uns halt. So über das Wochenende und Freunde und Parties und so. Nichts langwieriges, und gar nicht laut, echt nicht! Na ja, letztens haben wir deswegen einen Kampf nicht ganz mitbekommen und haben dann versäumt abzuhauen. Unsere Charaktere könnnen wir uns jetzt abschminken. So ein Scheiß, was sollen wir tun?
Erst einmal herzliches Beileid zu eurem tragischen Verlust. Ein Wort des Trostes: derartige Sauereien seitens der Spielleiter werde wir nicht mehr lange dulden, unsere Gewerkschaft wird demnächst Tarifverträge über Charakterschutzklauseln erlassen, dann sollen diese verständnislosen Banausen mal sehen. Zu eurem Fall: Ächtet den Spielleiter auf soziale Art und Weise, er will nicht, daß ihr euch über Parties während Kämpfen unterhaltet, gut, kämpft nicht mehr und ladet ihn nicht mehr zu Parties ein.
Mein Spielleiter gibt mir weniger Erfahrungspunkte als dem Rest der Runde, nur weil ich so zwei bis drei Stündchen pro Sitzung verschlafe. Ich bin halt immer so müde, und wenn das Sofa so bequem ist.
Es ist immer wieder erschreckend, wie wenig Mitgefühl Spielleiter aufbringen können. Mein Tip: schlafe nachmittags oder morgens richtig lange und bringe alle furchtbar wichtigen Sachen, die du deswegen nicht erledigen konntest dem Spielleiter mit. Wenn er will, daß du wach bleibst, soll er deine Brocken erledigen. Möglichkeit #2: Mix den anderen Spielern Schlafmittel in ihre Getränke, wenn alle pennen, kriegst du wieder genauso viele Punkte.
Bei einem der letzten Abenteuer sind wir in eine ausweglose Situation geraten. Nur ich hatte eine Möglichkeit, uns zu retten, was mich aber mein Leben kosten könnte. Alle anderen Spieler haben mich überredet, außerdem gab der Spielleiter mir zu verstehen, daß er für Heldenmut mal eine Ausnahme macht, also tat ich es natürlich. Als ich hinterher noch lebte, meinten die anderen Spieler, daß ich ja eigentlich tot sein müßte und wenn ich es nicht bin, bin ich bestimmt besessen oder so und haben meinen Charakter um die Ecke gebracht. Ist das nicht unfair? Ich opfere mich für meine Mitspieler und verliere dabei meinen Charakter?
Selbst schuld, Arschloch!
Ich würde gerne in die Rollenspielszene einsteigen und möchte wissen, was einen guten Spieler ausmacht?
Möchtest du ein guter Spieler sein: sei egoistisch, hartherzig, unnachgiebig, dickköpfig, stur... ach Mann... schau dich einfach um! Möchtest du ein Schleimer sein: helfe deinem Spielleiter und verprügel dich selbst!
Nun, derartige Fragen und Probleme mögen den "normalen" Rollenspieler verwundern und verwirren. Vielleicht stellt sich der ein oder andere die Frage: Habe ich vielleicht auch ein Problem mit dem Rollenspiel und weiß nur nichts davon? Keine Panik! Es gibt Mittel und Wege das heraus zu finden. Neben der Enthauptung und einer Hypnosetherapie (was im Endeffekt aufs selbe rauskommt) bleibt noch ein guter, psychologisch fundierter Fragebogen mit einer feinfühligen Auswertung. Zufällig habe ich mal einen entwickelt, füllt ihn doch einfach aus und schon habt ihr Gewissheit.
( A: Töten.
( B: Keine Ahnung, was sagen denn die anderen?
( C: Das Zusammenwirken in einem Team, der Spaß an guten Geschichten, die Freude an der eigenen Kreativität.
( D: Ich bin Anfängerin und in erster Linie bewegte mich mein Ex-Freund dazu.
( A: Kohle.
( B: Keine Ahnung, was kriegen denn die anderen?
( C: Das Funktionieren eines Plans, die farbenfrohe Entwicklung eines Charakters, gute Darstellung.
( D: Ich bin Anfängerin und lasse mich gerne von den Kerlen bewundern.
( A: Demütigungen, Neid, Machtkämpfe.
( B: Keine Ahnung, was sagen denn die anderen?
( C: Teamwork, Spaß, Interaktion.
( D: Entschuldigung, Anfängerin, Was?
( A: Teamwork, Spaß, Interaktion.
( B: Keine Ahnung, was sagen denn die anderen?
( C: Demütigungen, Neid, Machtkämpfe.
( D: Wenn mich alle wie eine Anfängerin behandeln und anmachen, nur weil ich so toll aussehe.
( A: Wenn er nicht spurt, kill ich die Story!
( B: Keine Ahnung, was machen denn die anderen?
( C: Man muß kooperieren, da die Verantwortung für eine gelungene Runde auch beim Spieler liegt. Wir spielen schließlich miteinander und nicht gegeneinander.
( D: Ich bin Anfängerin, sehe toll aus und äh ... woher weißt von unserer Beziehung?
( A: Ich spiele beide Arten Rollenspiel. Battle und Tech.
( B: Keine Ahnung, was spielen denn die anderen?
( C: Ich finde erst einmal alles interessant, wo die Atmosphäre mich anspricht. Gefällt mir der Hintergrund probiere ich, soweit möglich, alles mal aus.
( D: Ich bin Anfängerin und ich weiß grad nicht wie das heißt, was ich spiele.
( A: Mächtige Charaktere!
( B: Keine Ahnung, was spielen denn die anderen?
( C: Der Charakter muß sich in die Gruppe einfügen, interessant sein und darf nicht den Spaß an der Story zerstören. Ansonsten lasse ich mich vom Hintergrund inspirieren.
( D: Ich bin Anfängerin, sehe toll aus und genauso sind auch meine Charaktere.
( A: Geist??? Brauch´ ich nich!
( B: Was? Ähm, wie? Ach so, nee ... äh ... keine Ahnung, was sind denn die anderen?
( C: Natürlich gibt es Phasen, da ist man nicht voll konzentriert. So weit es geht, versuche ich aber zu folgen und störe nicht großartig durch anderweitige Sachen, wenn ich mir mal eine Auszeit nehme.
( D: Ich bin Anfängerin und das kommt ganz darauf an, ob ich Schminkzeug, Zeitschriften und einen Kerl in Reichweite habe, ob ich auf ´ner Riesenparty war oder eine ansteht ...
Mit dir ist alles in Ordnung. Die Grundregeln des Rollenspiels beherrscht du perfekt. Du willst zunächst deinen Spaß, dann DEINEN Spaß und schließlich geht es dir um D E I N E N Spaß. Würde in dieser Sparte ein Preis vergeben, so hättest du ihn jetzt, zusammen mit 25089 EP´s und Kohle bis zum abwinken. Darum geht es dir ja schließlich, der Rest ist dir gottseidank egal, solange er nicht stört. Das tut er leider ab und zu, deswegen suche am besten Gleichgesinnte. Zwinge jemanden, für dich einen Aushang am Schwarzen Brett zu machen, mache eine eigene Runde auf und genieße fortan die Créme des Rollenspiels. Aber bitte ohne uns!!!
Du hast ein kleines Problem mit deiner Entscheidungskraft. Deine Charaktere sind mit Sicherheit schrecklich farblos, deine Ideen nicht vorhanden. Bei jeder Konfrontation läufst du weg oder läßt dich von anderen Spielern in die erste Reihe vorgeschoben. Was du mit Belohnungen sollst weißt du nicht, deswegen werden sie dir regelmäßig weggenommen. Deine Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, läuft Richtung Amöbe. Deine Mitspieler vergessen deinen Namen, deinen Geburtstag und ob du das letzte Mal überhaupt da warst. Mit anderen Worten: du kannst in unsere Samstagsrunde einsteigen.
Bitte lege die Zeitschrift hin, gehe in den nächsten Bücherlagen und kaufe / bestelle: Carl Junghans: Psychoanalytische Pädagogik. Eine Modell der behavioristischen Schule. 3. erweit. Aufl. Bonn: Senat Verlag 1992. Hast du es, geh´ nach Hause, schließ die Wohnungstür ab, stell´ dich vor den Spiegel und hau´ dir mit dem Machwerk solange auf den Kopf, bis dein Gehirn zur Nase herausläuft. Anschließend stopfst du dieses Buch in den (hoffentlich) entstandenen Hohlraum, am besten durch ein Ohr. Jetzt bis du komplett. Schade nur, daß du der letzte dieser Art bist, also: fröhliches Aussterben.
Du bist eine Frau, siehst toll aus und bist Anfängerin. Irgendwie hast du immer den Eindruck, als würden alle anderen lieber an dir als mit dir spielen. Sexismus und die Chancenlosigkeit der Frau im Rollenspiel, sowie etwa damit verbundene Magazinartikel, sind eine ernsthafte Angelegenheit, die auch von Frauenbeauftragten schon berücksichtigt wird. Lege die Zeitschrift nieder, schreibe deinen Namen, Telefonnummer und Adresse, sowie alle anderen numerischen Werte, die dir bei Anblick deines Spiegelbilds spontan in den Sinn kommen, auf einen Zettel und schicke ihn an die Redaktion, Kennwort: Horny Again. Den Rest bespricht man besser von Angesicht zu Angesicht.